Berlin, 08. Januar 2020
42,6 Prozent beträgt der Anteil an Erneuerbaren Energien im Jahr 2019. So viel, wie noch nie zuvor. Damit decken die Erneuerbaren Energien genauso viel des Bruttostromverbrauches ab, wie die Kernenergie, Braun- und Steinkohle zusammen. Die Zahlen der Agora Energiewende klingen auf den ersten Blick erstaunlich positiv. Sogar die Klimaziele der Bundesregierung für 2020 rücken wieder in erreichbare Nähe. Durch das positive Jahr 2019 sanken die Treibhausgasemissionen stark um 50 Millionen Tonnen CO2 (6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) auf 811 Millionen Tonnen CO2eq. Dies entspricht einem Wert von 35 Prozent unter dem Niveau von 1990, nur fünf Prozent vom ausgerufenen Klimaziel für 2020 entfernt. Läuft also alles gut auf dem Weg zum klimaneutralen Deutschland? Leider nicht.
So erfreulich die Zahlen auf den ersten Blick sind, so unerfreulich sind die primären Treiber dahinter. Haupttreiber für das erfolgreichste Jahr seit langem sind auf der einen Seite sparsame Bürger/innen und Unternehmen in Verbindung mit gestiegenen CO2-Zertifikatspreisen und auf der anderen Seite gute Bedingungen bei der Windkraft und eine Zunahme an PV-Anlagen. Während es einerseits zwar sehr erfreulich ist, dass der Stromverbrauch in Deutschland mit 569 Terawattstunden 2019 so gering ist, wie er seit 20 Jahren nicht war, wirft ein Blick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien tiefe Falten. Der Zubau von Windanlagen an Land ist um 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Dies ist primär auf eine geringe Genehmigungszahl von Neuanlagen zurückzuführen, wodurch wiederum Beschäftigungszahlen in der Windkraftindustrie rückläufig sind. Das Rekordergebnis von 2019 ist vielmehr auf einen sehr langen und intensiven Sommer (hohe Erträge bei PV) und starke Winde on- wie offshore (hohe Erträge Windkraft) zurückzuführen und nicht auf ein starkes Wachstum im Anlagenbau. Fast alle Ausschreibungen von Windkraftanlagen waren stark unterzeichnet, wenn sie überhaupt zu einem Abschluss geführt wurden. Ausschreibungsrunden für die Kombination aus Windkraft und Solarenergie blieben oftmals sogar ohne Angebot. „Weil zudem im Jahr 2019 die Ausschreibungen für neue Windkraftanlagen nicht voll ausgeschöpft wurden, werden wir auch in den nächsten Jahren keine beeindruckenden Zubauzahlen bei der Windenergie sehen. Es ist an der Bundesregierung, jetzt rasch die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass die Windkraft wieder vorankommt“, so Dr. Patrick Graichen (Direktor von Agora Energiewende). Das Ziel bis zum Jahr 2030 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken, rückt damit in weite Ferne.
Wiedermal stellt sich die Frage: Quo vadis Erneuerbare Energien? Wohin die Reise geht ist offen. Die Windenergie an Land wird sich mangels unzureichender Genehmigungen und Gezeichneter Angebote nicht wesentlich erhöhen und ist stark von den Windlagen in 2020 abhängig. Anders sieht es auf See aus, wo aufgrund der Inbetriebnahme neuer Windparks eine Steigerung zu erwarten ist. Bei PV hingegen wird ein vergleichbarer Ausbau wie 2019 um ca. vier Gigawatt erwartet.
Eine Senkung der CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens -55 Prozent im Vergleich zu 1990 kann allerdings nur dann gelingen, wenn nicht nur die Energiewende gelingt, sondern auch die Verkehrswende beginnt und konsequent durchgesetzt wird. Mit knapp 200 Millionen Tonnen CO2eq verursacht der Verkehrssektor gegenwärtig fast ein Viertel aller Emissionen. Ohne politischen Handlungswillen wird sich das Autoland Deutschland auch hierbei auf absehbare Zeit kaum verbessern können.
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