Neu-Ulm, 15. Januar 2021
Jedes Jahr zur Vorweihnachtszeit zieren nicht nur Lichter, bunte Kugeln und Weihnachtsbäume die Straßen und Einkaufsmeilen, sondern auch mahnende Plakate von Brot für die Welt, welche uns darauf hinweisen, dass unser Wohlstand zum einen kein Selbstverständnis ist und es längst nicht allen Menschen auf der Welt so gut geht und zum anderen wir vielleicht sogar auf Kosten derer leben, die nichts oder wenig ‚auf dem Teller‘ haben. Was der Verein anspricht ist das Thema Hunger und Essen/Nahrung als ein Grundbedürfnis der Menschen. Neben der moralischen Perspektive richtet sich der Blick auch auf die ökologischen Folgen.
Den eindrucksvollen Plakaten stehen eindrucksvolle Zahlen gegenüber, wenn wir den Blick auf den Konsum in Deutschland richten. Jedes Jahr landen in Deutschland rund 12 Millionen Tonnen (Stand 2015) noch genießbare Lebensmittel im Müll, das sind knapp 75 Kilogramm pro Kopf. Mehr als 50 Prozent der Verschwendung von Lebensmitteln findet im eigenen Haushalt statt, 18 Prozent in der Verarbeitung, 14 Prozent in der Außer-Haus-Verpflegung, 12 Prozent in der Primärproduktion und rund 4 Prozent im Handel.
Weltweit sieht es noch verheerender aus. 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr im Müll. Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel gelangen dabei nie zum Konsumenten und werden vorher aussortiert oder im Supermarkt entsorgt. Allein in der EU entsprechen die jährlich freigesetzten Emissionen welche durch Lebensmittelverschwendung (miteingerechnet wird Anbau, Lieferkette sowie Entsorgung) entstehen der jährlichen Menge an CO2-Emissionen der Niederlande. Pro Jahr werden in der EU somit 189,81 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent freigesetzt, ohne einen Mehrwert zu schaffen. Und um die moralische Eben nochmals ins Gedächtnis zu rufen: Demgegenüber stehen über 800 Millionen Menschen weltweit, welche unter Hunger leiden und keine Lebensgrundlage haben.
Was wäre besser als mit guten Vorsätzen ins Jahr 2021 zu starten?
Das Jahr 2020 war geprägt von Corona und hat gleichzeitig in vielen wieder die Leidenschaft für Kochen und Essen aufleben lassen. Gleichzeitig fördert das jedoch auch, dass zu Hause noch mehr Lebensmittel entsorgt werden. Ein Blick hinter die Gründe macht klar, dass einfache Verhaltensänderungen dazu beitragen können weniger Lebensmittel zu verschwenden. Im Folgenden wollen wir drei Hilfestellungen geben, welche den Alltag erleichtern können und auch Ihnen dabei helfen, nichts wegwerfen zu müssen:
- Probieren und riechen Sie an Lebensmitteln, bevor Sie diese entsorgen
Der häufigste Grund weswegen Lebensmittel weggeworfen werden ist, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist (in 58 Prozent der Fälle ist dies der Entsorgungsgrund). Der Blick in englischsprachige Länder zeigt, dass dort ‚best before‘ angegeben wird. Also eine Herstellergarantie, dass es bis zu diesem Datum in optimaler Qualität genießbar ist. Umgekehrt heißt das, dass Lebensmittel auch danach noch in tadellosem Zustand sein können und weit über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus genießbar sind. Eine praktische Übersicht bietet die Webseite mindesthaltbarkeitsdatum.de (http://www.mindesthaltbarkeitsdatum.de/haltbarkeit-von-lebensmittel/). Der einfachste Weg zu erfahren ob ein Lebensmittel noch haltbar ist, ist es zu betrachten, zu probieren oder an ihm zu riechen. - Einkaufen mit Einkaufszettel
12 Prozent des Lebensmittelmülls fallen an, weil beim Einkaufen eine falsche Mengenplanung stattgefunden hat. Dies passiert oft, wenn Einkäufe spontan stattfinden und Einkaufende sich von Werbeanzeigen, Marktangeboten oder Ähnlichen Aktionen beeinflussen lassen. Oftmals wird erst im Nachhinein festgestellt, dass Produkte ggf. noch im Kühlschrank vorhanden waren. Eine vorab erstellte Einkaufsliste hilft dabei den Überblick zu behalten und verhindert, dass Produkte doppelt gekauft werden oder zu viele Spontankäufe im Einkaufskorb landen. - Foodsharing, Too good to go und co. nutzen
Auch wenn man im eigenen Haushalt die Lebensmittelverschwendung gut im Griff hat, sind die Zahlen alarmierend, wenn wir unseren Blick auf Supermärkte, Restaurants und Händler richten. Auch diese sind für insgesamt knapp 20 Prozent der Lebensmittelverschwendung in Deutschland verantwortlich. Privatpersonen können die Händler und Restaurants dabei unterstützen dies zu vermeiden und gleichzeitig sich selbst und anderen etwas Gutes tun. Unternehmen wie das Start-Up Too good to go (https://toogoodtogo.de/de/) vermittelt bspw. Restmengen an bereits gekochtem Essen oder gepackte Tüten voller Backwaren für einen Bruchteil des Preises an Konsumenten, bevor die Gastronomen und Händler diese sonst wegschmeißen oder vernichten würden. So erhalten die Anbieter einen zwar geringeren Preis für Ihre Waren, sparen sich dafür jedoch die Entsorgung (und Entsorgungskosten). Die Konsumenten erhalten hingegen für einen günstigen Preis erstklassige Ware vom Tag und helfen dabei, dass weniger weggeschmissen werden muss. Der Verein Foodsharing (www.foodsharing.de) agiert seit mehr als zehn Jahren und hat sich das Lebensmittelretten als oberstes Ziel auferlegt. Betriebe, vom Bäcker ums Eck, dem lokalen Supermarkt, über den Wochenmarkt bis hin zum Industriegroßhandel können mit dem Verein kooperieren und das Retten von Lebensmitteln organisieren. Die Anbieter vermeiden damit, dass Ware im Müll landet und sparen Entsorgungskosten. Die Lebensmittelretter (foodsaver) können sich in Abholslots eintragen und richten sich nach den zuvor besprochenen Bedingungen und Abholprozedere. Anschließend können nicht gewollte oder zu viel produzierte Lebensmittel selbst gegessen, an Freunde, Bekannte oder Bedürftige weiterverteilt oder in Fairteiler (öffentlich zugängliche Plätze, in denen Lebensmittel kostenfrei abgegeben und angeboten werden) gebracht werden. Und wenn sich der Essensplan nach den Lebensmitteln und nicht die Auswahl der Lebensmittel nach dem Essensplan richtet, helfen Plattformen wie https://restegourmet.de/ oder https://eatsmarter.de/rezepte/zutaten bei der Rezeptesuche.
Quellen:
https://www.laenderdaten.info/co2-nach-laendern.php
https://www.welthungerhilfe.de/lebensmittelverschwendung/
http://www.mindesthaltbarkeitsdatum.de/haltbarkeit-von-lebensmittel/
https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_71.pdf
https://eatsmarter.de/rezepte/zutaten
Photo by Elaine Casap on Unsplash
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