Neu-Ulm, 24. September 2021
Corona hat uns ausgebremst. Wir saßen in unseren vier Wänden, hatten den Sandstrand maximal als Fototapete an einer Wand oder als Erinnerung im Kopf. Urlaub im eigenen Land war daher in 2020 so beliebt wie nie zuvor. Auch 2021 verbrachten viele ihren Urlaub in Deutschland, doch trotz Einschränkungen, trotz Beschränkungen: die Reiselust ist ungebrochen. Längst nicht normal ist jedoch, dass wir uns bewusstmachen, welche Folgen eine Flugreise für die Umwelt hat und wie hoch der CO2-Ausstoß ist, den wir damit verursachen. Berechnungen des Umweltbundesamtes zeigen: der Anteil an Treibhausgasemissionen die weltweit aufgrund von Tourismus entstehen liegt bei acht Prozent, mit steigenden Prognosen. Das Ziel der einen Tonne CO2 pro Kopf und Jahr scheint dabei weit weg zu sein. Im Jahr 2019 lag Deutschland mit 7,75 Tonnen pro Kopf auf Platz 11 der größten Emittenten pro Kopf und vor allem der Bereich der Mobilität weist die schlechteste Entwicklung auf.
Studienergebnisse aus Schweden haben gezeigt, dass Eltern ihr Flugverhalten ändern, wenn die Kinder sie darum bitten. Aus Vielflieger wurden Wenigflieger, Wenigflieger verzichteten zum Teil vollständig auf Flüge und setzten sich für ein Verbot von Kurzstreckenflügen ein. Fridays for Future und der Begriff der Flugscham zeigen somit zumindest bedingt, das eine Verhaltensveränderung möglich ist. Allerdings sind die Ergebnisse lediglich Momentaufnahmen. Vergleichbare Untersuchungen in Deutschland weisen auf keine explizite Verhaltensveränderung hin.
Doch was ist ein Weg, ein Bewusstsein zu schaffen und eine Verhaltensveränderung durchzuführen? Ein erster Schritt muss sein, dass Nachhaltigkeit eine stärkere gesetzliche Verankerung erhält. Um Menschen aus ihren Gewohnheiten zu reißen bedarf es manchmal disruptiver Entscheidungen. Beispielsweise eine Pflicht zur Kompensation von Flugreisen für Fluggesellschaften. Die kosten würden zu Beginn selbstredend an die Endkonsumenten weitergeleitet werden. Abwanderungsbewegungen (Bahn oder andere Verkehrsmittel) finden statt. Gleichzeitig fördert dies die Entwicklung neuer Antriebstechnologien oder ökologischer Treibstoffe o.Ä., damit der Flugmarkt weiterhin attraktiv bleibt.
Für diese Art der Entscheidungen stoßen jedoch nahezu alle politischen Systeme der Welt an ihre Grenzen. Politische Entscheidungen vs. Lobbyismus. Wiederwahl vs. Abwahl. Um Systeme nachhaltig zu ändern, braucht es den Mut der Politik vermeintlich unpopuläre Entscheidungen in Sachen Klimaschutz zu treffen und zugleich das Vertrauen der Gesellschaft, diese Entscheidung nicht durch Abwahl zu bestrafen. Gelingt das, kann ein tatsächlicher Umbruch in vielen Bereichen gelingen. Vorneweg im Tourismus. Nachhaltiger Tourismus boomt. Jedoch reicht es eben oft nicht sich ein Eco-Hotel einzubuchen und fair produziertes Gemüse zu essen, wenn das grüne Gewissen bim Flughafen oder der Reise zum Flughafen aufhört.
Quellen:
Gössling, S., Humpe, A. & Bausch, T. (2020). Does ‘flight shame’ affect social norms? Changing perspectives on the desirability of air travel in Germany. Journal of Cleaner Production, 266, 122015. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2020.122015
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/tourismus-klimaschutz-nachhaltigkeit-101.html
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