Neu-Ulm, 16. April 2021
Bitcoin überrollt den Finanzmarkt und stellt vieles auf den Kopf. Wer vor fünf Jahren zehn Bitcoins im Wert von je 500 Euro im Kryptowährungs-Wallet besaß, der kann sich bei einem heutigen Kurs von 50.000 Euro glücklich schätzen rechtzeitig investiert zu haben. Was auf den ersten Blick so verlockend und gleichzeitig auch noch aus ökologischen Nachhaltigkeitsgesichtspunkten unbedenklich wirkt (schließlich reden wir über virtuelles Geld, für das kein Baum gefällt werden muss), hat noch nicht auf die andere Seite der des Kryptohypes geschaut.
Bitcoin und andere Kryptowährungen benötigen Strom, sehr viel Strom. Vor allem das Mining ist für die Strommenge ein entscheidender Aspekt. Während früher kryptografische Bitcoinrätsel von Minern am heimischen Rechner gelöst werden konnten, werden dafür heutzutage sogenannten Bitcoin-Farmen erschaffen. Leistungsstarke Superrechner, um im Rennen um des Rätsels Lösung zu am schnellsten zu sein. Der Siegpreis: 6,25 Bitcoin pro Rätsellösung. Bei einem aktuellen Kurs von 50.000 Euro pro Bitcoin ein durchaus verlockendes Angebot.
Das Problem ist: Je mehr Menschen als Miner aktiv sind und je höher der Kurs von Bitcoin steigt, umso komplexer werden die Rätsel. Um die Komplexität zu lösen und Erster im Rätselstreit zu sein, findet unter Minern ein regelrechtes Wettrüsten statt. Und um die Superrechner und Rechnerfarmen am Laufen zu halten benötigt es eines: Strom.
In welchen Mengen dieser notwendig ist zeigt ein Beispiel aus Bulgarien. Eine illegale Mining-Farm zweier Bulgaren zapfte Strom einer städtischen Stromleitung ab und versorgte damit ihre Farm. Nach ein paar Monaten wurde das Stromleck aufgedeckt und nachgerechnet, wie viel Strom illegaler Weise abgezapft wurde. Der Wert des Stroms lag bei 1,26 Millionen Euro – der größte Stromdiebstahl des Landes war perfekt.
Ein günstiger Strompreis öffnet also Tür und Tor für investitionsfreudige Miner. Insbesondere Länder wie China oder Teheran rücken damit auf die Bildfläche der Miner, um ihre Farmen dort zu stationieren. 65 Prozent aller Miner sind in Chiner stationiert, welche trotz ihren Bemühungen ihr Stromnetz auf erneuerbare Energien umzurüsten, nach wie vor den Großteil ihrer Energie aus der Kohlekraft gewinnen.
Die TU München untersuchte daraufhin im Jahr 2019, wie viel Strom das Schürfen von Bitcoin verbraucht. Ihr Ergebnis: Der Stromverbrauch entspricht dem Jahresstromverbrauch der gesamten Stadt Hamburg bzw. dem Land Jordanien. 46 Terrawattstunden, welche ein CO2-Äkquivalent von 22,9 Millionen Tonnen entspricht. Das erschreckende dabei, die Bezugszahlen kommen aus dem Jahr 2018, weit vor dem Bitcoinhype des vergangenen Jahres.
Neben den beträchtlichen Mengen an Strom entsteht zudem Elektroschrott. Das ständige Aufrüsten, nachrüsten und Ersetzen von Computern(teilen) verursacht ca. 11.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr. Und dieses landet leider nicht vorbildlich auf einem Recyclinghof, wird wiederverwendet oder aufbereitet, sondern oftmals in der Natur, in der es vor sich hin rottet.
Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Bereich der Kryptowährung ist lang, ein erster Schritt könnte sein Standorte entsprechend nur dort zu erlauben, wo ausreichend (grüner) Strom vorhanden ist. Doch eine Umsetzung scheint noch in weiter Ferne zu sein.
Quellen:
https://de.cointelegraph.com/news/two-bitcoin-farmers-stole-15m-in-electricity-in-bulgaria
https://www.cell.com/joule/fulltext/S2542-4351(19)30255-7
Foto:
Photo by Dmitry Demidko on Unsplash
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