Berlin, Freitag, 12. Februar
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, Gerd Müller, Bundesentwicklungsminister und Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, stehen vor zwei Plakaten in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Ein Teddybär grinst auf einem blauen Plakat in die Kameras und stellt die Frage: Kann ein Teddybär Menschenrechte stärken? Die klare Antwort: Ja. Aber nur, wenn ein Gesetz wohl durchdacht ist und in entscheidenden Aspekten keine Kompromisse geduldet werden.
Das Lieferkettengesetz kommt. Es gilt als Wegweiser und ist das stärkste Gesetz in Europa im Kampf für Menschenrechte und gegen Ausbeutung. Ähnliche Gesetzesentwürfe sind bspw. in der Schweiz gescheitert. Aber, es ist ein deutsches Gesetz und nicht wie von vielen gehofft eine europäische Lösung. Zwar geht Deutschland somit auf der einen Seite mit gutem Vorbild voran, aber auch dieses Mal wird deutlich, wie viel Kompromisse notwendig sind, damit der Wirtschaft nicht der auf dem Plakat abgebildete Bär aufgebunden wird.
Der Blick der Unternehmen endet durch das Gesetz nicht mehr an den eigenen Warenliefereingängen und Produktionen (vergleichbar mit Scope 1), sondern muss sich auf Zulieferer und deren Zulieferer erweitern (vergleichbar mit Scope 2) und dort die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechte kontrollieren. Allerdings gilt nach wie vor das Prinzip der Verhältnismäßigkeit für die Unternehmen, um den Aufwand kontrollier und abwickelbar zu halten. Dies wird jedoch von Seiten Dritter und von NGOs stark kritisiert. Hubertus Heil selbst sagt: „wir verlangen nichts, was nicht eigentlich schon vorher verlangt wurde, wir machen es nur rechtlich verbindlich.“ Also ein Gesetz ohne Fortschritt und Wirkung? Zumindest bleibt eine verbindliche Risikoanalyse für die gesamte Lieferkette aus. Die Hoffnung von Seiten der Politik besteht darin die bisherigen ‚schwarzen Schafe‘ zur Einhaltung und Sorgsamkeit zu verpflichten. Alle anderen, welche seit Jahren großen Wert auf die Einhaltung und Achtung von Umwelt-, Menschen- und Grundrechten legen, fühlen sich durch das Gesetz ggf. nur bedingt abgeholt.
Auch die Kritik von Seiten der NGOs wird laut, da das Gesetz zum einen erst ab 3.000 Beschäftigten greifen soll (im Vorschlag von Hubertus Heil waren es noch 500) und zum anderen Unternehmen in Deutschland laut Gesetz nicht zivilrechtlich verfolgt werden können. Es herrscht also weiterhin der Vorteil einer globalisierten Welt und ein Ausschluss der Verantwortung für die Menschen, welche in den Lieferketten arbeiten.
Ob ein Gesetz dazu führt ein tatsächliches Verantwortungsbewusstsein auszuprägen ist weiterhin mehr als fraglich. Die Änderung eines Mindsets geschieht schließlich nicht durch den Erlass einer Gesetzgebung, sondern durch die Ausbildung eines Bewusstseins für das eigene Handeln.
Auch hinsichtlich der ökologischen Verantwortung fasst sich der Gesetzesentwurf kurz. Zu kurz für die Umweltorganisation Greenpeace, welche am Dienstagmorgen den Spruch ‚Lieferkettengesetz Schwindel‘ an die Fassade des Bundeskanzleramtes projizierten. Ihnen fehle die umweltbezogene Sorgfaltspflicht des Lieferkettengesetzes, wie sie auf Twitter mitteilten.
Das Lieferkettengesetz ist ein erster Schritt in eine richtige Richtung, dem jedoch noch viele folgen müssen. Nur so kann Deutschland tatsächlich als Vorbild voran gehen und dem Slogan „made in Germany“ neue Qualität verleihen.
Quellen:
Video: https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2021/lieferkettengesetz.html
https://twitter.com/greenpeace_de/status/1361610779947073541
Beitragsbild: https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Wirtschaft-Menschenrechte/nap-kampagne-2020-teddy-artikel.html
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